Page 19 - 75 JAHRE DR. PFLEGER - FESTSCHRIFT
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Nachlass zum Wohle d–er Gemeinschaft
Es ist eine beeindruckende Feierstunde! Etwa 300 Gäste aus sie- ben Ländern versammeln sich Anfang Juni 1975 im Kaisersaal der Neuen Residenz in Bamberg und gedenken, wie die lokale Presse berichtet, „eines Mannes, der sein gesamtes Vermögen der medi- zinischen Forschung und der Wohlfahrt“ vermacht hat. Die große Beachtung, die das Ereignis findet, ist nicht selbstverständlich, da es sich bei dem Toten nicht um einen Sohn der Stadt, sondern um einen Wahl-Bamberger handelt: um den am 19. Oktober 1971 ver- storbenen Unternehmer Professor Dr. Robert Pfleger.
Zuerst ergreift ein Nobelpreisträger und Freund des Verstorbenen das Wort: Sir Ernst Boris Chain aus London war 1945 als Mitentde- cker des Penicillins mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet worden. Chain erinnert an die 1920er Jahre, als er zusammen „mit seinem Freund Pfleger“ am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut, das zur Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, der späteren Max-Planck-Gesell- schaft, gehörte, geforscht hatte. Ernst Chain hatte Robert Pfleger „am Labortisch“ kennengelernt: „einen Mann, der bereits in jungen Jahren eine Persönlichkeit gewesen sei und Sympathie geradezu ausgestrahlt habe“. Pfleger sei „hochbegabt“ gewesen. Berufliche Schwierigkeiten habe es für ihn „einfach nicht gegeben“.
Die Zeitung schrieb, Sir Chain habe Deutschland wegen seiner „persönlichen Sicherheit“ 1933 verlassen müssen und sei nach England emigriert. Das war, der damaligen Zeit entsprechend, eine zurückhaltende Umschreibung dafür, dass Chain als Jude aus rassistischen Gründen von den Nationalsozialisten verfolgt wurde.
Nach Chain ergreift der Bamberger Rechtsanwalt Dr. Gottfried Schmitt, der als Testamentsvollstrecker fungierte, das Wort und berichtet, dass „Prof. Pfleger in einem handschriftlichen Testa- ment aus dem Jahre 1970 verfügt habe, alle hinterlassenen Ver- mögenswerte einschließlich der chemisch-pharmazeutischen Fa-
1975 |19 Gedenkfeier für Dr. Robert Pfleger
1975
Die Weltwirtschaft befindet sich in der Krise – die Arbeitslosigkeit steigt. Nach 30 Jahren geht der Vietnamkrieg zu Ende. In Helsinki unterzeichnen Vertreter der USA, Kanadas und fast aller europäi- schen Staaten das KSZE-Abkom- men. Die RAF entführt den CDU- Abgeordneten Peter Lorenz und überfällt die deutsche Botschaft in Stockholm. In Stammheim beginnt der Prozess gegen die führenden Mitglieder der RAF.


































































































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