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60 | Exkurs
Sir Ernst Boris Chain (1906-1979)
Nobelpreisträger und Ethiker
Die größte wissenschaftliche Würdigung erfuhr Sir Ernst Chain 1945, als ihm für die Entdeckung des Antibiotikums Penicillin gemeinsam mit Sir Alexan- der Fleming und Lord Florey der Nobelpreis verliehen wurde. Chain war aber nicht nur Naturwissenschaft- ler, sondern beschäftigte sich auch mit ethischen Fragen, die eher auf dem Gebiet der Geisteswissen- schaften angesiedelt waren. So veröffentlichte er 1970 einen Beitrag über die soziale Verantwortung des Wissenschaftlers in der modernen westlichen Gesellschaft.
Geboren wurde Ernst Boris Chain am 19. Juni 1906 in Berlin. Sein Vater, Michael Chain, war Anfang des 20. Jahrhunderts aus Russland ausgewandert, um in Deutschland Chemie zu studieren. Seine Mutter hieß Margarethe und war eine geborene Eisner. Michael Chain schrieb seine Doktorarbeit bei dem berühmten Chemiker Willy Marckwald (1864-1942) und eröffnete anschließend in der Nähe Berlins eine Fabrik, die Kupfernitrat und Metallsalze her- stellte.
Die Familie Chain wohnte in Alt-Moabit. Hier be- suchte Ernst Chain das humanistische Luisen- Gymnasium, wo er im Frühjahr 1924 die Reifeprü- fung ablegte.
Studentenzeit in Berlin
Robert Pfleger und Ernst Chain lernten sich im Herbst 1924 in den Laboratorien von Professor Marckwald an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin kennen. Sie freundeten sich an. Die beiden jungen Studenten verband die Leidenschaft für die Chemie und das Interesse für klassische Musik. Ro- bert Pfleger spielte Klavier und Orgel, Ernst Chain Klavier. Zudem schrieb Chain Konzertkritiken für die Berliner Abendzeitung. Gemeinsam besuchten die Freunde abendliche Darbietungen in den be- rühmtesten Konzertsälen Berlins. Robert Pfleger ging in Chains Elternhaus ein und aus und wurde wie ein Familienmitglied behandelt. Umgekehrt war auch Ernst Chain in der Familie Pfleger, die in Steglitz wohnte, ein gern gesehener Gast.
Nach dem Studium begannen die beiden Freunde, ihre Doktorarbeiten zu schreiben. Robert Pfleger beschäftigte sich mit zuckerchemischen Proble- men und schloss seine Forschungen 1929 mit einer Dissertation über die Einwirkung von Bromwasser- stoff-Acetylbromid auf Zellulose und Zellobiose ab. Ernst Chain schrieb über enzymatische Ester- bildung und Esterspaltung und absolvierte seine mündliche Prüfung am 21. Juli 1932.
Ernst B. Chain fertigte
seine Doktorarbeit in der Chemischen Abteilung des Pathologischen Instituts der Charité unter der Leitung von Professor Peter Rona an.