Page 35 - 75 JAHRE DR. PFLEGER - FESTSCHRIFT

Familienunternehmer eng mit der Materie verbunden ist und sich eine schlanke Verwaltung leisten kann. Dazu kommt bei Pfleger ein weiterer Faktor: Er hat eine außerordentliche Menschenkennt- nis und kann die Stärken und Schwächen seiner Mitmenschen gut einschätzen. Von Anfang an zieht er sich ein Team heran und legt viel Wert auf Harmonie. Allerdings trennt Pfleger auch räumlich – und dies ist ebenfalls typisch für die 1950er Jahre – zwischen den kreativen und leitenden Angestellten, die in der Ludwigstraße 15 und im Hochzeitshaus untergebracht sind, und den Arbeiterinnen und Arbeitern, deren „Produktionsstätte“ zunächst die Ulanenka- serne im ehemaligen Klarissenkloster ist.
Das Pfleger-Gen
Günter Schwarz, der 20 Jahre Betriebsratsvorsitzender war, erin- nert sich an eine Story, die im Unternehmen erzählt wurde: Wenn einer zu einem Fest nichts anzuziehen hatte, da hat ihm der Pro- fessor einen Anzug gekauft. Diese familiäre Atmosphäre war das sogenannte „Pfleger-Gen“, das jüngere Mitarbeiter heute biswei- len suchen. Teil dieser Stimmung war, dass man die Arbeiten er- ledigen musste, die einem der Chef zuwies. Teilweise kam es zu Überraschungen, wie Heinz Bertholdt berichtet. So musste sich Bertholdt um Bausachen kümmern, obwohl er der Leiter der For- schung war.
Arbeitsplatzbeschreibungen gab es in dieser Zeit bei Pfleger nicht. Günter Schwarz erinnert sich, dass der Be- triebsrat, bevor er Anfang der 1990er Jahre Betriebsratsvorsitzender wur- de, „nie in Erscheinung“ trat. „Und ir- gendwann denkt man halt: ‚Ich weiß nicht. In den anderen Betrieben, die erzählen immer, sie haben dieses je- nes, verdienen dieses und jenes!‘ Und bei Pfleger wusste man gar nicht, wo man eingruppiert werden sollte oder sonst irgendetwas und wenn man nach Lohnerhöhung gefragt hat, dann hat man halt, was weiß ich, damals 10 oder 20 Pfennig draufge- kriegt.“
1950erJahre |35 Der Unternehmenspatriarch
Erste Produktionsstätte Ulanenkaserne im ehemaligen Klarissenkloster